Ehe mit Brigitte Seebacher
Willy Brandt und Brigitte Seebacher, die seit 1978 ein Paar sind, heiraten 1983. Es ist seine dritte Ehe. Die Lebensgefährtin seiner späten Jahre ist eine kluge Partnerin und eine starke Stütze für ihn.
Kennenlernen in der SPD-Zentrale
Die 1946 geborene Historikerin und Journalistin und der SPD-Vorsitzende lernen sich im Erich-Ollenhauer-Haus in Bonn näher kennen, als sie dort 1977 ihre Arbeit in der Pressestelle des Parteivorstandes aufnimmt. In den vier Jahren zuvor hat Brigitte Seebacher in Berlin, wie einst Willy Brandt Anfang der 1950er Jahre, als Chefredakteurin die sozialdemokratische Zeitung „Berliner Stimme“ geleitet.
In der Bonner SPD-Zentrale, der so genannten „Baracke“, wird Brandt rasch auf die hochtalentierte Frau aufmerksam und holt sie als Redenschreiberin in sein persönliches Büro. Er ist sehr angetan von seiner Mitarbeiterin, die sich durch einen außergewöhnlichen Intellekt auszeichnet und selbstbewusst auftritt.
Privater Neubeginn
Bald kommen Willy und Brigitte sich auch privat näher. Auf Auslandsreisen begleitet sie ihn. Als der SPD-Vorsitzende Ende 1978 zwei Herzinfarkte erleidet, mehrere Wochen im Krankenhaus liegt und anschließend in Frankreich eine Kur absolviert, weicht die 32-Jährige nicht von seiner Seite.
In dieser Zeit entscheidet sich Willy Brandt für einen privaten Neubeginn. Es kommt zur Trennung von Ehefrau Rut Brandt. Anfang April 1979 beziehen er und Brigitte Seebacher eine gemeinsame Wohnung in Unkel am Rhein. Die neue Beziehung tut dem 65-Jährigen sichtlich gut. Er wirkt geradezu verjüngt. Am 9. Dezember 1983 heiraten Willy und Brigitte im engsten Kreis und ohne Medienrummel auf dem Standesamt in Unkel.
Erholung im Ferienhaus in Frankreich
Im Urlaub reist das Paar immer wieder nach Frankreich. Beide mögen das Land sehr. 1983 kaufen sie in Gagnières, einem Dorf in den südfranzösischen Cevennen, ein altes Bauernhaus und lassen es nach und nach sanieren. Diesen privaten Rückzugsort suchen die Eheleute bis 1992 mehrmals im Jahr auf, um sich von der Arbeit zu erholen und den Alltag hinter sich zu lassen.
Im Frankreich-Urlaub liest Brandt viele Bücher, kümmert sich um den Garten, hackt Holz, geht zum Markt und macht sich in der Küche nützlich. Zwar hält sich seine Begeisterung für Arbeiten im Haushalt in Grenzen. Aber seit er mit Brigitte zusammenlebt, baut Willy Gemüse, Salat und Kräuter an und er bindet sich auch hin und wieder eine Schürze um und hilft beim Kochen. Er weiß sogar, wie man sein Lieblingsgericht, Lammkeule mit Gemüse, zubereitet.
Gegenseitige Unterstützung
Während ihr Mann weiter politisch sehr aktiv ist, setzt Brigitte Seebacher ihre publizistische Arbeit fort. 1984 wird sie mit einer Dissertation über Erich Ollenhauer promoviert und 1988 veröffentlicht sie eine Biografie über August Bebel. Es folgen weitere Bücher und Artikel zu politisch-historischen Kontroversen, u. a. 1991 das Werk „Die Linke und die Einheit“.
Willy Brandt unterstützt die Forschungstätigkeit seiner Frau mit Rat und Tat und redigiert nicht zuletzt ihre Texte. Umgekehrt profitiert er sehr von ihrer großartigen Formulierungsgabe. Brigitte Seebacher wirkt besonders bei der Abschiedsrede als Parteivorsitzender 1987 und beim Buch „Erinnerungen“ mit, das erstmals 1989 veröffentlicht wird. Außerdem entwirft sie im September 1992 für Brandt das Grußwort an den Kongress der Sozialistischen Internationale in Berlin, an dem der Todkranke nicht mehr teilnehmen kann.
Auch auf seinem letzten Weg ist Brigitte ihm ganz nahe und eine starke Stütze. Als 1991 Krebs bei Willy Brandt diagnostiziert wird, steht sie ihm bedingungslos und unermüdlich bei. Im gemeinsamen Haus in Unkel, das beide seit 1989 bewohnen, pflegt sie ihren Mann aufopferungsvoll bis zu seinem Tod am 8. Oktober 1992.
Im Dienst der Erinnerung
Zwei Jahre später ist die Witwe maßgeblich an der Gründung der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung beteiligt, die an das Leben und die Politik des großen Staatsmanns erinnert. Seither gehört Brigitte Seebacher dem Kuratorium der Stiftung an. 2004 veröffentlicht sie selbst ein Buch über Willy Brandt, das ihn aus nächster Nähe beschreibt.
Literaturhinweis:
Brigitte Seebacher: Willy Brandt, München 2013.